Die WEG-Reform tritt am 01.12.2020 in Kraft

Die WEG-Reform tritt am 01.12.2020 in Kraft

Die Änderungen im Detail:

Sanierung und Modernisierung werden einfacher

Beschlussfassungen über die Durchführung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum oder die Gestattung baulicher Veränderungen werden vereinfacht und sind künftig mit einfacher Mehrheit möglich.

Grundsätzlich tragen nur die zustimmenden Eigentümer die Kosten der Maßnahme. Anders verhält es sich, wenn die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen worden ist. Dann haben alle Wohnungseigentümer die Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen. Hierzu sollen folgende Ausnahmen gelten:

  • wenn die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist – dies soll einzelne Eigentümer vor einer finanziellen Überforderung schützen,
  • wenn sich die Kosten der Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Der Amortisationszeitraum ist gesetzlich nicht definiert. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass der bisher im Regelfall zu Grunde gelegte Zeitraum von zehn Jahren nicht statisch übernommen werden kann. Der Zeitraum könne überschritten werden, etwa um sinnvolle Maßnahmen der energetischen Sanierung auf Kosten aller Wohnungseigentümer zu ermöglichen.

Um die Sanierung und Modernisierung von Wohnungseigentumsanlagen zu vereinfachen, erhält zudem jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, ihm auf eigene Kosten den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, einen barrierefreien Aus- und Umbau, Maßnahmen zum Einbruchsschutz sowie zum Zugang zu einem schnellen Internetanschluss zu gestatten.


Anspruch auf zertifizierten Verwalter

Auch nach der WEG-Reform ist ein verbindlicher Sachkundenachweis (Qualifikation) keine Voraussetzung für die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis. Als Korrelat hierzu hat nun jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich den Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Ausgenommen hiervon sind kleinere Wohnungseigentümergemeinschaften, um Eigenverwaltungen zu ermöglichen. Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Anlage aus weniger als neun Sondereigentumseinheiten besteht und ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde. Verlangt in einem solchen Fall wiederum ein Drittel der Wohnungseigentümer (nach Köpfen) die Bestellung eines zertifizierten Verwalters, muss ein solcher bestellt werden.

Der Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters besteht erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten der WEG-Reform, damit das Zertifizierungsverfahren entwickelt und eingeführt werden kann.

Verwalter, die bei Inkrafttreten der WEG-Reform bereits bestellt sind, gelten noch für weitere dreieinhalb Jahre als zertifizierter Verwalter.

Verwalter müssen, wie bisher auch, künftig 20 Stunden Fortbildung innerhalb von drei Jahren nachweisen.

 

Wohnungseigentümergemeinschaft als Träger der Verwaltung

In der Praxis kam es häufig zu Abgrenzungsschwierigkeiten, ob im Einzelfall die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer selbst Träger von Rechten und Pflichten sind. Um diese Problematik zu beseitigen, ist künftig die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Träger der gesamten Verwaltung, die durch ihre Organe handelt (Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan, Verwalter als Vertretungsorgan).


Mehr Befugnisse für Verwalter

Der Verwalter kann künftig eigenverantwortlich und ohne Beschlussfassung über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Wohnungseigentümergemeinschaft führen. Maßstab für die Bedeutung einer Maßnahme und die Erheblichkeit daraus resultierender Verpflichtungen soll nach der Gesetzesbegründung die Größe der Anlage sein. Konkret sollen dies je nach Einzelfall neben kleineren Reparaturen auch der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen in beschränktem Umfang oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen sein.

Die Wohnungseigentümer sind künftig berechtigt, diejenigen Maßnahmen zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen. Dazu können sie etwa Wertgrenzen oder Maßnahmenkataloge aufstellen. Möglich ist es auch, einzelne Handlungen des Verwalters (etwa Zahlungen ab einem bestimmten Betrag) von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers, des Verwaltungsbeirats oder eines Dritten abhängig zu machen.


Außenvollmacht für Verwalter

Verwalter besitzen im Außenverhältnis künftig eine Vertretungsmacht für die Gemeinschaft. Der Abschluss eines Darlehensvertrages oder eines Grundstückskaufvertrages setzt jedoch einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraus.


Eigentümerversammlungen und Beschlussfassung werden vereinfacht

Eigentümerversammlungen können künftig im Lichte der Digitalisierung flexibler gestaltet werden.

Eigentümer haben jetzt die Kompetenz zu beschließen, dass die Teilnahme an der Eigentümerversammlung auch online möglich ist. Die Möglichkeit, Präsenzversammlungen per Mehrheitsbeschluss zugunsten reiner Online-Eigentümerversammlungen abzuschaffen, ist hiervon allerdings nicht umfasst.

Eine Eigentümerversammlung ist zudem künftig unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer beziehungsweise Miteigentumsanteile beschlussfähig. Aufwand und Kosten für Wiederholungsversammlungen sollen damit vermieden werden.

Die Einberufungsfrist für Eigentümerversammlungen wird von zwei auf drei Wochen verlängert.

Künftig können Wohnungseigentümer neben der bisher geforderten Schriftform Ihren Anspruch auf Einberufung einer Versammlung auch in Textform, z.B. per E-Mail, stellen.

Wenn eine Einberufung durch den Verwalter oder den Beiratsvorsitzenden nicht möglich ist, können Wohnungseigentümer künftig selbst eine Eigentümerversammlung einberufen.

Umlaufbeschlüsse bedürfen künftig nur noch der Textform statt der Schriftform. Wohnungseigentümer können künftig beschließen, dass hierüber im Umlaufverfahren mit Stimmenmehrheit entschieden werden kann. Bisher konnten Beschlüsse im Umlaufverfahren nur einstimmig beschlossen werden.

Das Protokoll der Eigentümerversammlung muss künftig unverzüglich nach deren Beendigung erstellt werden.


Beschlusss-Sammlung

Der ursprüngliche Gesetzesentwurf hatte vorgesehen, die Beschluss-Sammlung abzuschaffen und durch eine Aufbewahrungspflicht zu ersetzen. Hiervon wurde Abstand genommen, der Verwalter ist auch künftig verpflichtet, eine Beschluss-Sammlung zu führen.

Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen

Jeder Wohnungseigentümer erhält gegenüber der Gemeinschaft ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen.


Entscheidung über Kostentragung

Die Wohnungseigentümer können künftig umfassender über die Kostenverteilung beschließen. Derzeit bedarf es für die Änderung der Kostenverteilung einer qualifizierten Mehrheit, die Neuregelung sieht vor, dass die Eigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit und losgelöst vom Einzelfall über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Kostenarten beschließen können.


Verwaltungsbeirat

Die Wohnungseigentümer können künftig die Zahl der Beiratsmitglieder flexibel durch Beschluss festlegen. Die derzeit enthaltene Festlegung auf drei Beiratsmitglieder entfällt. Die Haftung ehrenamtlicher Beiräte wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Zudem erhält der Verwaltungsbeirat als Aufgabengebiet ausdrücklich die Überwachung des Verwalters.


Erleichterte Abberufung des Verwalters

Wohnungseigentümergemeinschaften können sich künftig einfacher von einem Verwalter trennen. So ist die Abberufung des Verwalters nicht mehr vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig, sondern die Wohnungseigentümer können den Verwalter jederzeit abberufen. Spätestens sechs Monate nach der Abberufung endet der Verwaltervertrag.


Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage

Da Träger der Verwaltung künftig allein die Gemeinschaft ist, richten sich Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen dementsprechend gegen die Gemeinschaft und nicht mehr wie bisher gegen die einzelnen Wohnungseigentümer.

Kostenentscheidung zulasten des Verwalters

Bisher konnte das Gericht dem Verwalter im Falle groben Verschuldens Prozesskosten auferlegen. Diese Regelung wird im Zuge der WEG-Reform gestrichen. Nach der Gesetzesbegründung seien die Wohnungseigentümer hinreichend durch materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche geschützt.


Grundbucheintragung vereinbarungsändernder Beschlüsse

Vereinbarungsändernde Beschlüsse, die rechtswirksam gefasst wurden, wirken nach aktueller Rechtslage auch ohne Grundbucheintragung gegenüber Erwerbern von Wohnungseigentum. Um Erwerber künftig besser als bisher zu schützen, bedürfen Beschlüsse, die die Eigentümer auf Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst haben, in Zukunft der Eintragung im Grundbuch, um gegenüber Rechtsnachfolgern zu wirken.


Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft

Um das Rechtskonstrukt und die damit zusammenhängenden Probleme der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ zu beseitigen, sieht die WEG-Reform vor, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer künftig schon mit Anlage der Wohnungsgrundbücher als Ein-Mann-Gemeinschaft entsteht.

Ersterwerber von Wohnungseigentum können künftig schon ab Besitzübergabe über die Verwaltung mitentscheiden. Damit findet die von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur „werdender Wohnungseigentümer“ auch im Gesetz Niederschlag.


Erweiterung der Sondereigentumsfähigkeit

Die WEG-Reform erweitert die Sondereigentumsfähigkeit auf Freiflächen wie Stellplätze und Terrassen.


Gegenstand und Inhalt der Jahresabrechnung

Die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung beschränkt sich künftig auf die Abrechnungsspitze. Das Rechenwerk ist künftig nicht mehr Beschlussgegenstand.

Verwalter sind künftig verpflichtet, nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht aufzustellen. Dieser muss die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung sowie eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthalten.
Die Instandhaltungsrückstellung/Instandhaltungsrücklage erhält den Namen „Erhaltungsrücklage“, um zu verdeutlichen, dass es sich nicht lediglich um einen bilanziellen Posten, sondern um verfügbares Vermögen handelt.


Entziehung des Wohnungseigentums

Die Neuregelung sieht vor, dass eine Verletzung der Pflichten, die gegenüber der Gemeinschaft bestehen, eine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen kann. Dies kann der Begründung zufolge etwa eine Verletzung der Pflicht zur Kostentragung sein.


Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zur Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind Mieter von Sondereigentumseinheiten künftig verpflichtet, Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage zu dulden.

Auch hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung ist durch die WEG-Reform eine Harmonisierung hergestellt. So ist bei vermieteten Eigentumswohnungen auch im Verhältnis zwischen dem vermietenden Eigentümer und dem Mieter künftig die in der WEG geltende Kostenverteilung maßgeblich. Aktuell besteht hier häufig eine Diskrepanz: mietrechtlich ist die Wohnfläche maßgeblich, während das WEG eine Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen vorsieht.


Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG :
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0501-0600/544-20.pdf?__blob=publicationFile&v=1#page=3


Erläuterungen zum WEMoG:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/187/1918791.pdf

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